Günther Braun

Ich weiß leider nicht, was aus Günther Braun wurde. Ich habe ihn 1970 kennengelernt und 1980 den Kontakt zu ihm verloren. Ich mochte ihn sehr. Ich war noch Schüler am Grillo Gymnasium und drohte mal wieder sitzen zu bleiben, das erwähnte ich bei meiner eigenen Vorstellung während einer Lesung der Literarischen Werkstatt Gelsenkichen LWG. Es brachte mir Sympathien bei vielen anwesenden Schülern. Dann stand Günther Braun auf und sagte:

„Ich hoffe, die Schule nimmt dem jungen Dichter nicht zu viel Zeit, denn es wäre schade, wenn er aufhören würde zu schreiben, nur um nicht sitzen zu bleiben.“
Er erntete dafür viel Gejohle und Beifall.

Später outete er sich als Mathelehrer und bot mir kostenlose Mathestunden an. Ich war gerührt. Er hat nicht nur die zwei leider vergriffenen Bücher geschrieben sondern er dichtete täglich. Ein, zwei Limericks am Tag waren für ihn kein Problem. Schreiben war für ihn wie Atmen. Eine Notwendigkeit. Er hat mir und meiner Freundin Mary oft Privatlesungen bei sich zu Hause gegeben. Das waren wundervolle Stunden voller Sprachwitz und poetischem Zauber. Dann sah er glücklich aus.

Einmal, als ich einen Unfall hatte und mit Gehirnerschütterung und dickem Kopfverband im Bett lag, besuchte er mich und hatte natürlich ein Gedicht für mich dabei. „Nicht jeder, der auf den Kopf gefallen ist, ist auch auf den Kopf gefallen.“ Als Geschenk brachte er mir einen Kugelschreiber mit, mit dem man auch im Liegen schreiben konnte – also mit der Schreibspitze nach oben statt nach unten. Das war damals der neuste Schrei und sauteuer. So, meinte er, könnte ich auch an meinem Roman arbeiten, wenn ich auf dem Rücken liegen müsste.

Manchmal kam er mir sehr einsam vor, auf der Suche nach einem Freund, aber irgendwie in einem unsichtbaren Käfig gefangen, der ihm vieles unmöglich machte. Die Welt ist nicht gerade geschaffen für einen knorzigen Querkopf wie ihn. Er hat an der Welt und wohl auch an sich selbst gelitten und manchmal mit seinen Gedichten und Geschichten der Welt ins Gesicht gelacht.